Während Tobias und Marianne innerhalb zweier Tage nach Istanbul rasten, genossen Domi und ich noch ein wenig länger Edirne. Wir besuchten verschiedene Moscheen und assen Kebap in diversen Zubereitungsarten. Abwechslungsweise bestellte Domi auch mal wieder panierte und frittierte Çiğer (Hühnerleber), während ich meine Kalorien jeweils mit Kuzu Şiş (Lamm-Spiesschen) oder Tavuk Şiş (Poulet-Spiesschen) wieder reinholte. Am nächsten Morgen wollten auch wir uns auf den Weg nach Istanbul machen, als wir eine Mitteilung von Marianne und Tobias kriegten: "Strasse ok. Achtung Steine werfende Kinder in den Slums von Çorlu! Umfahren!"
In unseren Reiseführern stand aber, dass dies erst in der Osttürkei ein Problem sein könnte. Und nun jetzt schon? Egal, wir entschieden uns den gleichen Weg zu nehmen, da sich das Projekt Umfahren in dieser Gegend etwas schwieriger gestaltete als erhofft. Je mehr man sich Istanbul näherte, desto mehr kanalisierte sich auch der Verkehr, bedingt durch den immer schmaler werdenden Landstreifen, der das Schwarze Meer (noch) vom Marmara Meer trennt. So fuhren wir aus Edirne hinaus, gespannt was uns in diesem grossen Land alles erwartete. Bevor wir dies jedoch schafften, wurden wir von einem lokalen Gemüsehändler auf der Strasse ausgebremst. Wir mussten anhalten, um den beiden Männern zu erklären, woher wir seien, dass wir verheiratet sind, und wohin wir fahren wollen. Ungläubig zeigte uns der eine den Vogel, nachdem wir ihnen unser Reiseziel mitgeteilt hatten. Wohl etwas mitleidig mit uns armen Velofahrern, schenkten die beiden uns kurzerhand zwei leckere Tomaten-Auberginen-Saucen und ein Glas eingemachte Pfefferschoten. Den Plastiktopf, der mindestens ein Pfund schwarze Oliven fasste, mussten wir dann ablehnen, denn unsere Taschen waren schon proppenvoll. Mit Kusshänden wünschten sie uns eine gute Reise und liessen uns weiterfahren.
Wie Tobias versprochen hatte, war die Strasse wirklich ok - zweispurig und ein zusätzlicher Pannenstreifen - was will man mehr? Die Landschaft sah im Übrigen auch nicht so aus, als ob es auf Nebenstrassen irgendetwas Spektakuläres zu sehen gegeben hätte, und so blieben wir auf der Schnellstrasse D100 Richtung Istanbul. Das praktische an so Schnellstrassen ist ja, dass immer mal wieder eine Tankstelle kommt mit Shop. Doch kaufen brauchten wir eigentlich nichts: Bei der ersten Tankstelle kam der Tankwart und fragte uns woher wir seien, ob wir verheiratet sind und wohin wir wollten. Danach brachte er uns einen Kaffee aufs Haus.
Bei der zweiten Tankstelle schenkte uns der Tankwart nach dem gleichen Prozedere einen Tee, und gegen Abend dann, als wir bei der dritten Tankstelle einen kurzen Rast machen wollten (wir waren inzwischen wieder mindestens 110 km geradelt) sah ich wohl so kaputt aus, dass der eine Tankwart gleich mit dem Plastikstuhl angerannt kam, wo ich mich hinsetzen durfte und der Tankstellen-Manager persönlich aus seinem Büro kam, um uns Tee und türkische Kekse zu offerieren. Wir waren überwältigt vor Freude über die Gastfreundlichkeit der Türken. Da es schon spät und wir beide zu müde um Steinen auszuweichen waren, suchten wir in Çorlu ein Hotel. Nach einer warmen Dusche führte uns ein älterer Herr, der sich in der Lobby unseres Hotels mit seinen Freunden unterhielt, in ein nahegelegenes Restaurant. Uns gab dies die Gelegenheit eine weitere Variation des Kebaps zu kosten und ihm, sich mit seinen anderen Freunden zu unterhalten. Ich versuchte unser Menü auf Türkisch zu bestellen, da schnitt mir der Kellner das Wort ab und sagte: "Here we speak English, no Turkish! Turkish is bad - I´m Kurdish." Nachdem dies also geklärt war, bestellten wir halt wohl oder übel auf Englisch und assen unseren Kebap (wird hier übrigens nicht wie bei uns im Taschenbrot serviert, sondern auf dem Teller, mit Fladenbrot und Bulgur oder so und allerlei Gemüse...mmmh!). Der Kellner war sehr interessiert an uns, und setzte sich nach dem Essen noch zu uns an den Tisch. Wir erfuhren allerlei über den Konflikt zwischen Kurden und Türken und über schöne Gegenden, die wie besuchen sollten (vor allem in der Osttürkei). Natürlich bejahten wir auch wieder die Frage, ob wir denn verheiratet seien. "We believe in God. Do you believe in God?" war der nächste heikle Punkt... Doch die beiden Kurden (mittlerweile hatte sich auch der Koch zu uns gesellt und liess sich vom Kellner alles übersetzen) nahmen es mit Humor, als wir uns bei dieser Antwort für die Wahrheit entschieden. Als dann noch ein dritter, ziemlich bulliger Typ aufkreuzte und das Thema Fussball zur Sprache kam, wollten wir uns dann doch lieber mal verabschieden. Am nächsten Morgen fuhren wir zeitig los um die letzten 130 km nach Istanbul noch in einem Tag zu schaffen. Die Kinder in den Slums waren wohl alle noch am Schlafen und wir verliessen die Stadt unversehrt. Eine neue Mitteilung von Tobias machte uns allerdings etwas Sorgen: "D100 nach Istanbul KATASTROPHE. Umfahren!" Hätten wir uns einen Tag mehr Zeit genommen, hätten wir diesem Tipp schon folgen können. Uns zog es aber in die Stadt am Bosporus und wir nahmen einen weiteren Tag Pannenstreifen in Kauf. Wenn es denn noch einen Pannenstreifen gegeben hätte... Wir mussten also neben vorbeidonnernden Lastwagen und Autos das Gleichgewicht halten, während uns mehrere Male ein bis fünf Hunde gleichzeitig attackierten. Der Verkehr nahm dann zu, je mehr wir uns Istanbul näherten. Dies erleichterte das Fahren ziemlich erheblich, denn das Tempo nahm ab, und die Anzahl Fahrspuren nahm zu. Anstatt Hunden mussten wir nun aus Seitenstrassen herausfahrenden Autos ausweichen, denn auch hier gilt das Darwinsche Gesetz "Survival of the fittest". Und auf Fahrradfahrer scheint aus Prinzip nicht Rücksicht genommen zu werden. Mit geschärften Sinnen fuhren wir schliesslich auf einer mitunter zehnspurigen Strasse nach Istanbul hinein (sorry, aber hier noch Fotos für den Blog zu schiessen ging leider nicht). Vielleicht war es nur eine Laune des Windes, doch bei jeder Moschee an der wir zur Gebetsstunde vorbeifuhren sang der Muezzin gleich etwas lauter aus dem Minarett, wie wenn er uns vorbeifahren gesehen hätte. Nach unzähligen Autohupen (glücklicherweise freundlich grüssenden, nicht aggressiv vertreibenden) erreichten wir schliesslich den Bosporus (hier konnten wir endlich wieder Fotos machen...).
Um zu Manuel, Serra und Mael zu kommen, die uns für die Tage in Istanbul ihr Gästezimmer zur Verfügung stellten, mussten wir Europa verlassen und nach Asien übersetzen. Ein neuer Kontinent wartet...!
In unseren Reiseführern stand aber, dass dies erst in der Osttürkei ein Problem sein könnte. Und nun jetzt schon? Egal, wir entschieden uns den gleichen Weg zu nehmen, da sich das Projekt Umfahren in dieser Gegend etwas schwieriger gestaltete als erhofft. Je mehr man sich Istanbul näherte, desto mehr kanalisierte sich auch der Verkehr, bedingt durch den immer schmaler werdenden Landstreifen, der das Schwarze Meer (noch) vom Marmara Meer trennt. So fuhren wir aus Edirne hinaus, gespannt was uns in diesem grossen Land alles erwartete. Bevor wir dies jedoch schafften, wurden wir von einem lokalen Gemüsehändler auf der Strasse ausgebremst. Wir mussten anhalten, um den beiden Männern zu erklären, woher wir seien, dass wir verheiratet sind, und wohin wir fahren wollen. Ungläubig zeigte uns der eine den Vogel, nachdem wir ihnen unser Reiseziel mitgeteilt hatten. Wohl etwas mitleidig mit uns armen Velofahrern, schenkten die beiden uns kurzerhand zwei leckere Tomaten-Auberginen-Saucen und ein Glas eingemachte Pfefferschoten. Den Plastiktopf, der mindestens ein Pfund schwarze Oliven fasste, mussten wir dann ablehnen, denn unsere Taschen waren schon proppenvoll. Mit Kusshänden wünschten sie uns eine gute Reise und liessen uns weiterfahren.
Wie Tobias versprochen hatte, war die Strasse wirklich ok - zweispurig und ein zusätzlicher Pannenstreifen - was will man mehr? Die Landschaft sah im Übrigen auch nicht so aus, als ob es auf Nebenstrassen irgendetwas Spektakuläres zu sehen gegeben hätte, und so blieben wir auf der Schnellstrasse D100 Richtung Istanbul. Das praktische an so Schnellstrassen ist ja, dass immer mal wieder eine Tankstelle kommt mit Shop. Doch kaufen brauchten wir eigentlich nichts: Bei der ersten Tankstelle kam der Tankwart und fragte uns woher wir seien, ob wir verheiratet sind und wohin wir wollten. Danach brachte er uns einen Kaffee aufs Haus.
unser erster Blick aufs Meer... |
Um zu Manuel, Serra und Mael zu kommen, die uns für die Tage in Istanbul ihr Gästezimmer zur Verfügung stellten, mussten wir Europa verlassen und nach Asien übersetzen. Ein neuer Kontinent wartet...!
Wir blieben einige Tage in Istanbul, um uns zu erholen, etwas Sightseeing zu machen und um die ersten Visa zu organisieren.
Wir verbrachten viele Stunden in Starbucks Coffees, um übers Internet an die nötigen Informationen zu kommen. Etwa gleich viel Zeit brauchten wir, um mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu den Botschaften zu gelangen. Egal ob mit Bus, Dolmuş, Auto, Fähre, Füniküler, Taxi, Tram, Metro oder Metrobus - es dauert mindestens ein bis zwei Stunden um in dieser riesigen Stadt von A nach B zu gelangen. Kein Wunder bei 20 Millionen Einwohnern... Das schwierigste war für uns, das Tadschikische Konsulat zu finden, das offenbar bereits zweimal umgezogen ist. Doch die Leute auf der Strasse waren sehr nett und halfen uns weiter. Ein Geschäftsmann rief schliesslich für uns mit seinem iPhone in die Botschaft in Ankara an, die uns dann die aktuelle Adresse mitteilte. Einmal vor Ort war es dann überhaupt kein Problem mehr und noch am gleichen Tag erhielten wir unser tadschikisches Visum ausgestellt mit GBAO Permit für das Pamir Gebirge. Himalaya, wir kommen! Doch zuerst fahren wir mit der Fähre aus Istanbul heraus. Auf zehnspurige Strassen haben wir so schnell keine Lust mehr...
Hier noch ein paar Eindrücke aus Istanbul.
Wir verbrachten viele Stunden in Starbucks Coffees, um übers Internet an die nötigen Informationen zu kommen. Etwa gleich viel Zeit brauchten wir, um mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu den Botschaften zu gelangen. Egal ob mit Bus, Dolmuş, Auto, Fähre, Füniküler, Taxi, Tram, Metro oder Metrobus - es dauert mindestens ein bis zwei Stunden um in dieser riesigen Stadt von A nach B zu gelangen. Kein Wunder bei 20 Millionen Einwohnern... Das schwierigste war für uns, das Tadschikische Konsulat zu finden, das offenbar bereits zweimal umgezogen ist. Doch die Leute auf der Strasse waren sehr nett und halfen uns weiter. Ein Geschäftsmann rief schliesslich für uns mit seinem iPhone in die Botschaft in Ankara an, die uns dann die aktuelle Adresse mitteilte. Einmal vor Ort war es dann überhaupt kein Problem mehr und noch am gleichen Tag erhielten wir unser tadschikisches Visum ausgestellt mit GBAO Permit für das Pamir Gebirge. Himalaya, wir kommen! Doch zuerst fahren wir mit der Fähre aus Istanbul heraus. Auf zehnspurige Strassen haben wir so schnell keine Lust mehr...
Hier noch ein paar Eindrücke aus Istanbul.