Montag, 2. April 2012

Budapest - Novi Sad... Hallo, hallo und Dobar dan!


Liebe Leser, vielen Dank für eure zahlreichen Kommentare zu den kugeligen Metalldinger, die ihr als Wassertürme entlarvt habt. Die hat es wirklich überall hier, wo die Gegend so flach ist, nicht nur in der Slowakei, sondern auch in Ungarn und ebenso in Serbien haben wir welche gesehen. Die Form ist bislang die gleiche geblieben.

Nachdem wir uns also zwei Tage in Budapest erholt hatten, setzten wir unsere Reise entlang der Donau fort. Doch es war gar nicht so einfach aus dem Moloch raus zu kommen: Bis in den Nachmittag hinein fuhren wir noch durch Budapests Vororte, welche fliessend durch Sommerhaussiedlungen und später durch Schrebergarten/Fischerhäuschen mit privaten Donaubootsstegen abgelöst wurden. Kaum waren wir in einer etwas ländlicheren Gegend, setzten wir uns in ein gemütliches Lokal an die Sonne, tranken eine Coca Cola und füllten unsere Wasserflaschen auf. Auch die Ungarn schienen seltsam zurückhaltend mit Begrüssungen. Wir versuchten uns mit den verschiedenen ungarischen Begrüssungsformeln, die wir dem "Lonely Planet" entnahmen (wahrscheinlich komplett falsch ausgesprochen...), aber nichts half. So entschieden wir uns, wenn uns Leute etwas interessierter/verwunderter anschauten, für ein einfaches "Hallo". Und schau an: Die ungarische Reaktion war jedes Mal (!) ein überschwängliches "Hallo, Hallooo!" und zwar in was sich wie breitestes Berndeutsch anhörte. So "unterhielten" wir uns fortan mit den Ungarn auf Schweizerdeutsch...
Das Wetter wurde am nächsten Tag dann leider schlechter und schlechter, d.h. Wind und Wolken zogen auf. Da wir schon vor Budapest durch das Donauknie jetzt eher nach Süden fuhren, mussten wir uns meistens seitlich gegen den starken Westwind stemmen. Dabei mussten wir uns zum Glück weniger auf unsere Route konzentrieren, denn hier in Ungarn ist der Donauradwanderweg sehr gut ausgeschildert, und wir fanden den richtigen Weg (meistens) sofort...  

Zum Zmittag gab es wie immer hier in Ungarn Brot mit feinster Paprikasalami, so was wie Käse, einen Apfel (3/4 Domi, 1/4 Janine - ich mag Äpfel lieber morgens versteckt im Müesli), ungarische "Balaton" Schokoladewaffeln (produziert von wem wohl? Na klar, Néstle!), und getrocknete Aprikosen, hier windgeschützt hinter Strohballen. Nach weiteren 40 km im Wind fanden wir dann unser letztes ungarisches Schlafplätzchen an der Donau. Mittlerweile hatten wir uns schon an die lichten Auenwäldchen und die Waschprozedur abends am Ufer der Donau gewöhnt.

Am nächsten Tag war der Himmel noch wolkenverhangener als bisher. Irgendwie passte es auch zu meiner Stimmung, denn die nächste Grenze näherte sich und die Ungewissheit, was sich dahinter verbergen mochte, stieg mit jedem Kilometer. Bald mussten wir das erste Mal unsere Pässe zeigen, denn wir näherten uns der Grenze der EU. 

Am ungarischen Zoll gab es drei Möglichkeiten durchzufahren: einmal Lastwagen/All Passports, einmal Auto/All Passports und einmal Auto/EU und CH Passports. Wir entschieden uns für letzteren. Weit und breit kein Beamter in Sicht. Die Schranke war aber zu. Ein Schild mit einer Kamera und dem Hinweis "Video Control" erlaubte es uns scheinbar einfach durchzufahren? Mit dem Velo sind so Schranken ja überhaupt kein Hindernis. Gesagt getan, ich wollte nach Serbien und hievte so mein Velo einfach auf den Bordstein um die Schranke herum und war schon bereit wieder in die Pedale zu treten, als sich aus dem mittleren Zollhäuschen ein ungarischer Beamter materialisierte und mich mit erhobenem Zeigefinger scharf zurückpfiff. Ups. Immer nett lächelnd und winkend, so hat mich eine reiseerfahrene Pharmaassistentin gelehrt, schob ich mein Velo rückwärts zum mittleren Häuschen zurück, wo ich ca. eine Minute brauchte bis ich die Pässe hervorgekramt hatte. Gleich kam dann auch ein zweiter Beamter auf uns zu, aber beide wollten sich einfach nur erkundigen, woher wir sind und wohin wir wollen. Dann durften wir weiter zum serbischen Zoll. Hier wurden wir mit ernster Miene empfangen und gleich mit dem Handy des Zöllners fotografiert. "What are you doing!?" Ehm. War das jetzt eine ernst gemeinte Frage? "We are cycling... From Switzerland." "What??" Und dann erzählten wir nochmals, wer wir waren und was wir vorhatten. Der Zöllner war sehr hilfsbereit und deutete auf ein Kartenschild am Strassenrand, ungefähr 20 Meter entfernt, welches wir unbedingt studieren sollten. Er liess uns kaum unsere Pässe einpacken, kam er noch einmal zu uns rüber und zeigte erneut auf das Schild, damit wir es ja nicht übersehen würden. Als wir uns dann dem Schild näherten, schoss plötzlich aus dem nahegelegenen Gebäude ein bellender Wachhund auf uns zu, so dass wir es uns doch noch kurz anders überlegten, die Karte genauer zu studieren.
Da es schon später Nachmittag war, als wir die Grenze passierten, machten wir uns bereits wieder Gedanken, wo unser nächster Schlafplatz sein würde. Es konnte eine Pension sein, oder auch  wieder ein Wäldchen, Wasser und Essen hatten wir eigentlich genug. Wir hielten nur kurz am Strassenrand an, als ein kleiner Transporter neben uns mit quietschenden Reifen stehen blieb. Sofort stieg ein kleiner, gedrungener Serbe aus dem Auto und rief uns über die Strasse zu "Where do you sleep?". Etwas unsicher beantworteten wir seine Frage mit einem Schulterzucken. Da war er auch schon auf unserer Strassenseite angelangt und versprach uns "My big boss has room for you! For you and you one night - 20 Euro! Follow me!" Der Fahrer, ein blonder, gutaussehender Mann in unserem Alter, stieg ebenfalls aus, grinsend über den Eifer seines Kollegen Gäste zu finden. Etwas überrumpelt, aber neugierig nickten wir und fuhren dem Auto, welches wohl von einem Katalysator nur träumen konnte, hinterher in die nächste Ortschaft. Wir landeten in einer Autogarage, wo es noch mehr junge, gutaussehende Männer hatte. Ich war sofort von der Unterkunft überzeugt. Der gedrungene Mann führte uns mit grossen Schritten ins benachbarte Gebäude und zeigte uns das Apartment. Wir hatten zwei Zimmer, ein Bad und eine Küche zur Verfügung.  Auf die Frage, ob wir die Velos mit hinein nehmen dürfen, lachten sie alle, und meinten vielwissend "Oh yes, it´s better this way!". Als es schliesslich ums Bezahlen ging (wir hatten noch keine Gelegenheit Dinars abzuheben und hatten nur Euro dabei) wurde die Verständigung plötzlich schwieriger. Irgendwie schien keiner die Frage zu verstehen, wo es denn hier einen Bankomaten gäbe. Der Kleine wandte sich an einen weiteren Mitarbeiter, der offenbar etwas Deutsch konnte. Doch auch dieser verstand unsere Frage nicht. Er druckste etwas herum bevor er uns schliesslich konkret fragte "Hast du Euro, oder was?"
Wir freuten uns schon auf eine warme Dusche, als wir bemerkten, dass der Boiler nicht angeschlossen war. Der kleine Serbe telefonierte rasch und teilte uns mit "my big boss is coming in few minutes". Gespannt auf Big Boss warteten wir in unserer Unterkunft. Dieser tauchte wie angekündigt ein paar Minuten später auf, stilecht im Adidas-Trainer. Zusammen mit dem Kleinen, mit "Hast-du-Euro-oder-was" und dem gutaussehenden Blonden schloss Big Boss einen komplett neuen Boiler an, und wir hatten nach zwei Stunden warmes Wasser zum Duschen. Die zwanzig Euro hatten sich definitiv gelohnt. 
Gespannt auf Serbien verliessen wir am nächsten Morgen das Grenzdorf und fuhren in die nächste grössere Stadt um einzukaufen. Hier war das Kartenmaterial in Domis GPS nicht mehr so gut, und wir mussten uns erstmals bei den Leuten auf der Strasse nach Einkaufsmöglichkeiten erkundigen. Glücklicherweise hatte ich mir bereits in Wien ein paar wichtige Sätze auf Serbisch notiert, so dass die erste Frau die wir um Rat fragten, offenbar genau wusste was wir wollten. Wir verstanden nur leider kein Wort von dem, was sie uns antwortete. Nach kurzer Besprechung mit ihrem Freund oder Mann, der wie sie ebenfalls mit dem Velo unterwegs war, sagte sie uns "idemo, idemo" und deutete uns an, ihnen hinterher zu fahren. So folgten wir den beiden im Schneckentempo durch die Stadt bis an den Ortsrand zu einem riesigen Einkaufscenter. Während der Fahrt haben wir uns dann noch ein wenig auf Serbisch unterhalten (sie sprach, ich nickte). Immerhin konnten wir ihnen sagen, woher wir seien, wohin wir fahren und uns herzlich bei ihnen bedanken dafür, dass sie uns extra zum Einkaufscenter geführt haben. 

Mit Essen ausgerüstet für das Wochenende fuhren wir weiter durch die weite Ebene der Provinz Vojvodina, teils auf dem Damm entlang der Donau, und teils auf Landstrassen, wo wir ungefähr von jedem Dritten Autofahrer hupend, winkend und Daumen hochhaltend begrüsst wurden, wo wir den Leuten mit einem "dobar dan" ein breites Lachen und ein lautes "dobar dan!!" entlocken konnten und wo ein Trödler fast ab seiner Kutsche gefallen wäre, weil er sich so über uns gefreut hat, als wir ihn, seine Frau und sein Pferd mit Hilfe des Westwinds überholten.
Am Sonntagmorgen führte uns dann eine andere Serbin durch ihr Dorf, damit wir Wasser und Schokolade (was Schweizer unterwegs halt so brauchen) kaufen konnten. Etwas entkräftet vom Wind, aber voller neuer Eindrücke erreichten wir am Abend die Provinzhauptstadt Novi Sad. 

3 Kommentare:

  1. In novi sad müesst der de ane handballmatch, das isch pflicht. Znälü chrigu

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  2. Sali zämmä, euri biträg sind immer unterhaltsam und mache gluschtig uf me. :-) danke für die tolle idrück vo eurem abentür!

    Liebi grüess

    Steffi

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  3. Hoi zäme

    Cooli brichte u schöni Föteli. Viel Spass bim trample, mir dü üs für euch chli im Wellness Hotel erhole :-)

    Liebi Grüss us dä Flitterwuche
    Sabine u Oli

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